Bloggen ist tot. Na und?

Ich weiß gar nicht, ob man das heute noch macht: bloggen. Klingt irgendwie nach 2008, nach Header-Grafiken mit Sepiafilter und Kommentarfunktion. Aber genau deshalb fange ich jetzt wieder damit an. Nicht, weil es angesagt ist, sondern weil ich es brauche. Weil ich keine Lust mehr habe auf die ständige Frage: "Wie performt das?"

Instagram hat mich müde gemacht. Das ewige Drehen um Reichweite, Reels, Hashtags, perfekte Zeiten für den Algorithmus. Ich hab versucht, ehrlich zu sein, authentisch. Ich glaube, das war ich auch. Aber ich hab irgendwann gemerkt: Ich verbiege mich trotzdem. Vielleicht nicht inhaltlich. Aber in der Form. Und das macht etwas mit einem. Es verändert, wie man denkt, wie man fühlt, wie man teilt. Und irgendwann fühlt es sich nicht mehr echt an.

Deshalb bin ich jetzt hier. Zurück beim geschriebenen Wort. Ohne Druck, ohne Likes. Vielleicht liest das hier keiner. Vielleicht nur zehn Leute. Aber das reicht mir. Ich schreibe hier nicht, um zu performen. Ich schreibe, um klarzukommen. Um Gedanken rauszulassen. Um ein bisschen Sinn zu stiften in einem Alltag, der manchmal sehr still geworden ist.

Denn der Traum war groß: Randwärts. Ein Projekt, mit dem ich den Kontinent umrunden wollte. Mit meinem Lastenfahrrad, mit meinem Hund Benny, mit wenig Geld und viel Hoffnung. Ich wollte zeigen, dass es anders geht. Dass man mit Mut, Menschlichkeit und Ehrlichkeit weit kommen kann. Und ich wollte das Ganze über die sozialen Medien teilen. In der Hoffnung, viral zu gehen, von kleinen Spenden getragen zu werden, frei und wild unterwegs zu bleiben.

Ich bin nicht viral gegangen. Der Algorithmus hat mich ignoriert. Vielleicht war ich zu echt. Vielleicht war ich zu wenig glatt. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur: Es hat nicht funktioniert.

Dabei war ich unterwegs. Richtig unterwegs.

Ich bin in Deutschland gestartet. Dann weiter in die Schweiz. Am Rhein entlang nach Holland. Von dort quer durch Belgien, dann an der französischen Küste entlang bis nach Dieppe. Rüber nach England. Und dort, in England, hat es mich erwischt. Krähen haben mein Zelt zerfetzt. Ich bin gestürzt. Musste zum Arzt. Habe viel Geld verloren, viel Kraft, und irgendwann auch den Glauben daran, dass das so weitergehen kann.

Ich war am Boden. In Winchester habe ich mich entschlossen, umzukehren. Zurück in die Schweiz. Arbeiten. Geld verdienen. Wieder Boden unter die Füße bekommen. Und irgendwie klarkommen. Denn ich weiß: Randwärts lebt. Es wird weitergehen. Aber nicht jetzt. Jetzt ist erstmal Überleben angesagt.

Trotz allem: Diese Reise hat mich nicht leer gemacht. Sie hat mir gezeigt, wie sehr ich schon immer mit der tiefen Kluft zwischen Reich und Arm gehadert habe. Wie viel Ungleichheit man sieht, wenn man wirklich hinschaut. Diese Reise hat das nicht verändert, sondern bestätigt. Und sie hat mir Menschen gezeigt, überall, in jedem Land, die hinter die Postkartenfassaden blicken. Die anders leben, anders denken, anders lieben. Ich habe viel gelernt, viel gesehen – und ich werde das alles nach und nach hier aufschreiben.

Das hier ist mein digitales Notizbuch. Mein Ort. Kein Kalender-Content, kein Feedplan. Sondern das, was kommt, wenn es kommt. Mit Texten, Bildern, manchmal vielleicht Videos. Und wenn du das liest: Willkommen. Ich freue mich, wenn du bleibst. Aber auch wenn du gehst, ist das okay. Ich schreibe für mich. Und für die, die spüren, dass das hier mehr ist als Content.

Randwärts lebt. Nur eben gerade ein bisschen stiller. Dafür echter denn je.



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